Stadt Esslingen am Neckar
Amt für Sozialwesen 11.06.2013
Sachbearbeiter/in:
Klaus Wolfer;
Renate Schaumburg
50/179/2013
V O R L A G E
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Ausschuss für Bildung, Erziehung und
Soziales
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19.06.2013
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Betreff:
Projekt
Mehrgenerationenwohnen Zollberg
I. Antrag
Vom Bericht über den aktuellen Stand des Projekts
Mehrgenerationenwohnen (MGW) Zollberg wird Kenntnis genommen.
Der ABES stimmt zu, dass
1. im
Aufgabenbereich Gemeinwesenarbeit die Kooperation mit der Bauge-nossenschaft
Esslingen im gegenseitigen Einvernehmen mit dem 31. August 2013 beendet wird,
2. die
finanzielle Förderung der Gemeinschaftsräume des MGW zum September 2014 planmäßig ausläuft.
II. Haushaltsrechtliche Ermächtigung
Finanzielle Auswirkungen:
HHJ
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Produktgruppe
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Bezeichnung
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KST/Auftrag/Projekt
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Bezeichnung
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2013
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3680
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Kooperation und Vernetzung
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P50368001
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Kooperation und Vernetzung
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Sachkonto
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Bezeichnung
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Erläuterung
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Plan
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Betrag
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43180000
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Zuschüsse an übrige Bereiche
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-
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Deckungsvorschlag:
Entfällt
III. Ressourcenverbrauch
Wird dem Antrag
der Verwaltung zugestimmt, entstehen
Mehraufwendungen
X Einsparungen
Mehrerträge
im laufenden Haushaltsjahr
2013 in Höhe von 3.572,67 Euro und im Haushaltsjahr 2014 in Höhe von 8.038,50
Euro.
Erläuterungen:
Die Kooperationsvereinbarung zwischen der Stadt Esslingen und der Baugenossenschaft
Esslingen sieht vor, dass die Stadt Esslingen der Baugenossenschaft während der
Projektlaufzeit (1. Okt. 2009 bis 30. Sept. 2014) für das Aufgabenfeld
Gemeinwesenarbeit einen jährlichen Personalkostenzuschuss i. H. v. 10.718 EUR
bezahlt.
IV. Begründung
Auf die Vorlagen 50/111/2008 vom 13.03.2008, 50/422/2008 vom
22.10.2008 und 50/332/2010 vom 10. 11. 2010 wird hingewiesen.
Vorgeschichte
Auf dem Gelände der
ehemaligen Jugendherberge Zollberg in der Neuffenstraße hat die
Baugenossenschaft Esslingen (BGE) 4 Gebäude mit insgesamt 41 Wohnungen errichtet,
in denen eine zukunftsfähige Wohnform, das sogenannte MehrGenerationenWohnen,
umgesetzt wird. Neben den baulichen Vorgaben hat die Stadt als Verkäuferin des
Geländes diese Wohnform im Kaufvertrag dem Erwerber vorgegeben. Die Gebäude
wurden im Dezember 2009 fertig gestellt. Die ersten Mieter zogen im Januar 2010
ein.
Um die Realisierung der
Idee des MehrGenerationenWohnens zu ermöglichen, hat sich die Baugenossenschaft
Esslingen verpflichtet, eine Fachkraft sowie Gemeinschaftsräumlichkeiten zur
Verfügung zu stellen.
Das Projekt
MehrGenerationenWohnen Zollberg wurde von Beginn an als Kooperationsprojekt mit
den Partnern BGE, dem Bürgerausschuss Zollberg, dem Förderverein Zollberg, dem
Stadtseniorenrat und der Stadtverwaltung Esslingen umgesetzt.
Dazu wurde zunächst eine
Planungsgruppe gegründet (ab 2007), die eine Konzeption für das MGW Zollberg
erarbeitete. Mit Bezug des MGW wurde aus der Planungsgruppe ein das Projekt
begleitender Beirat.
Eine zentrale Rolle im MGW
hat der sozialpädagogische Mitarbeiter der BGE, Herr Rienesl. In der Startphase
war er bei der Mieterauswahl beteiligt, hat die Neubewohner begleitet, sie
zusammengebracht und den Aufbau von aktiven Bewohnergruppen initiiert. Daneben
hat er auch die Aufgabe, das MGW im Stadtteil zu verankern, sowie Veranstaltungen
zu initiieren, die nicht nur dem MGW sondern auch dem gesamten Stadtteil zu
Gute kommen.
Dafür wurde insgesamt ein
Stellenanteil von 40 % einer Vollstelle (20 % für das MGW, 20 % für
Gemeinwesenarbeit) von der BGE eingerichtet.
Die Stadt hat sich
verpflichtet, den personellen Anteil für die Gemeinwesenarbeit sowie anteilig
die Gemeinschaftsflächen des MGW in der Projektphase zu finanzieren.
Aktuelle Situation
Nach 3 ½-jährigem Bestehen des MGW können wir von
einer guten Entwicklung des Hauses und einer gelungenen Integration in den
Stadtteil sprechen. War das erste Jahr nach Fertigstellung der Gebäude sehr
stark mit der Vermietung und dem Einzug der Bewohner und deren Einleben
geprägt, so entwickelten sich im zweiten und dritten Jahr immer mehr
Beziehungen innerhalb des Hauses.
Hierbei spielten die Gemeinschaftsräume für Begegnung
und Kommunikation eine bedeutsame Rolle. Es entwickelten sich Ideen und
Vorstellungen, wie das Gemeinschaftsleben durch Angebote und Veranstaltungen
gefördert werden kann. Dass diese auf fruchtbaren Boden fielen und von anderen
Bewohnern angenommen wurden, ist auch dem großen Engagement von Herrn Rienesl
zu verdanken. Er baute die Brücken zu den Bewohnern in den Wohngebäuden. So
entwickelten sich Angebote und regelmäßig stattfindende Veranstaltungen für die
Bewohner des MGW, aber auch für die Bürger des Stadtteils (Vorlesen für Kinder,
Yoga, Stammtische, Themennachmittage, Spiele- und Kaffeetreffs, etc.).
Insbesondere eine Gruppe von älteren Bewohnern engagiert sich besonders stark.
Extern wurde der Gemeinschaftsraum auch für Sitzungen, Gesprächskreise von
unterschiedlichen Gruppierungen genutzt. Die Bewohner des MGW, auch hier
besonders die Älteren, engagieren sich laufend bei öffentlichen Veranstaltungen
im Stadtteil.
Die anfänglich bestehenden Vorurteile gegenüber dem
MGW konnten so weitgehend abgebaut werden und eine Öffnung des Hauses und somit
ein erkennbarer Nutzen für die Stadtteilbewohner erreicht werden.
Die positive Entwicklung des MGW war und ist nur dank
der Fachkraft möglich.
Zusammensetzung der Bewohner
Die Belegung der Wohnungen wurde bewusst nach
unterschiedlichen Altersgruppen vorgenommen; damit soll ein Miteinander als
Grundlage für gegenseitige Unterstützungsleistungen begünstigt werden. Es wird
auf eine Durchmischung im Verhältnis von 40% Familien mit Kindern, 30 % Paare
und Singles zwischen 50 und 70 Jahren und 30% Ältere über 70 Jahre gesetzt.
Dieses Mischungsverhältnis erwies sich in bereits bestehenden MGW-Projekten als
optimal.
Die aktuelle Bewohnerstruktur entspricht in etwa den
geplanten Vorgaben. Insgesamt leben in 39 Wohnungen 72 Personen. Zwei Wohnungen
sind z.Zt. nicht vermietet. Der prozentuale Anteil von Familien (33 Erwachsene
und 11 Kinder) liegt bei 61,10 %, Paare und Singles zwischen 50 und 70 Jahre
(13 Personen) liegt bei 18,1 %, 15 Personen sind 70 Jahre und älter, der
prozentuale Anteil beträgt 20,8 %.
Veränderungen im Stadtteil Zollberg
In den letzten Jahren gab es wesentliche
Veränderungen in der Infrastruktur des Stadtteiles Zollberg, insbesondere in
Zollberg Ost (Zollernplatz). Im Jahre 2012 fand die Einweihung der Neuen Mitte
und damit auch die Inbetriebnahme eines REWE Marktes sowie einer Tagespflege
statt. Außerdem wurde eine Wohnanlage für Seniorinnen und Senioren bezogen.
Ein weiterer Meilenstein wird künftig gesetzt durch
die Einrichtung eines Wohncafes unter der Trägerschaft der Johanniter.
Initiiert wurde dieses Projekt von den drei großen Baugesellschaften EWB,
Baugenossenschaft Esslingen und Flüwo, die dem gemeinnützigen Verein
Integrative Wohnformen e.V. beigetreten sind. Dieser hat sich zur Aufgabe
gestellt, einen geeigneten Träger zur Betreibung eines Wohncafes zu finden und
angepasst an den Stadtteil ein Konzept für ein Wohncafe zu entwickeln. Eine
dafür geeignete Wohnung am Zollernplatz 7+9 wird demnächst umgebaut.
Im Wohncafe sollen Kommunikation und Begegnung aller
Generationen gefördert werden. Ein Mittagstisch sowie ein regelmäßiges
Kaffeeangebot mit einer Ansprechperson schaffen einen niederschwelligen Zugang.
Daneben soll Beratung zu den unterschiedlichsten Themen angeboten werden. Der
Caferaum kann auch von Gruppen angemietet werden.
Betreuung des MGW nach Ende der Projektzeit
Die BGE hat im März 2013
das Projekt für sich bewertet. Neben einer qualitativen Bewertung, die
insgesamt gut ausfällt, wurde auch eine betriebswirtschaftliche Bewertung
vorgenommen.
Fazit aus Sicht der BGE:
Das MGW ist auf einem guten
Weg. Die Bewohner organisieren ihr gemeinschaftliches Leben, auch dank der
bisherigen professionellen Begleitung, mittlerweile mehr und mehr selbst.
Dieser Prozess soll in der letzten Projektphase noch weiter gefördert werden.
Die betriebswirtschaftliche
Bewertung ergab, dass im Regelbetrieb, nach Ende der Projektphase, der
bisherige Personalaufwand im Umfang von 20 % einer Vollstelle nur für das MGW
von der BGE nicht aufrecht erhalten werden kann. Der finanzielle Aufwand für 41
Wohneinheiten wird als zu groß erachtet.
Die BGE sieht jedoch den
Bedarf einer professionellen Begleitung für das MGW und wird über das
Projektende hinaus dafür eine Fachkraft (Stellenumfang ca. 10% einer Vollstelle) zur Verfügung stellen.
Gemeinschaftsräume im MGW
In der Projektphase werden
Gemeinschaftsräume mit einer Fläche von 160 qm vorgehalten (incl. Büroraum).
Die Räume werden auch für die Aufgaben der GWA genutzt. Deshalb fördert die
Stadt die Gemeinschaftsräume in der Projektlaufzeit mit einem jährlichen Zuschuss i. H. v. 9.072 EURO (40 % der
Kosten).
Durch die sich auf dem Zollberg ergebenden
Veränderungen im Raumangebot für die allgemeine Nutzung, vor allem durch das
Angebot eines Wohncafés am Zollernplatz, wird die Stadt diese pauschale
Förderung nach dem 30.09.2014 nicht mehr fortsetzen. Bei Bedarf kann im
Einzelfall der Gemeinschaftsraum angemietet werden.
Die BGE sieht den Bedarf an Gemeinschaftsflächen für
das MGW sowie für ihre Mieter auf dem Zollberg auch weiterhin. Sie wird aber
den finanziellen Aufwand für diese Flächen durch eine teilweise Umnutzung
reduzieren.
Gemeinwesenarbeit
(GWA) auf dem Zollberg
Ziel von Gemeinwesenarbeit ist die Schaffung
unmittelbarer Solidarität und nachbarschaftlicher Unterstützungssysteme
zwischen allen Bürgern eines Wohnquartiers mit deren Beteiligung.
Der BGE ist es jetzt schon gelungen, das MGW voll in
den Stadtteil zu integrieren. Deshalb soll die Gemeinwesenarbeit wieder
ausschließlich vom Kommunalen Sozialdienst des Amtes für Sozialwesen
wahrgenommen werden.
Im Einvernehmen mit der BGE kann dies bereits vor
Vertragsende ab September 2013 erfolgen. Daraus ergibt sich eine Einsparung
durch die wegfallende Personalkostenförderung für 13 Monate an die BGE i. H. v.
insgesamt 11.611,17 EUR.
Fazit /
Ausblick
Das Projekt MehrGenerationenWohnen Zollberg ist auf
einem guten Weg. Die in der Konzeption genannten Ziele sind weitgehend
erreicht, bzw. es wird weiter daran gearbeitet. Die Baugenossenschaft als
Träger des Projekts will das MGW in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen
weiterführen. Positive Erkenntnisse aus dem MGW will sie punktuell auf andere
Wohnquartiere übertragen.
Die Stadt hat mit ihrer finanziellen und fachlichen
Unterstützung das Wohnprojekt mit auf den Weg gebracht. Über den
Projektzeitraum hinaus ist, auch mit Blick auf die Veränderungen in der
sozialen Infrastruktur des Zollbergs, ein weiteres finanzielles Engagement der
Stadt für dieses Projekt nicht notwendig.
Die BGE hat in engem und
vertrauensvollem Zusammenwirken mit den Akteuren im Stadtteil und der Stadt die
mit dem Grundstücksverkauf angestrebten Ziele quasi vorzeitig erreicht. Das
MehrGenerationenWohnen Zollberg dient interessierten Bauträgern zwischenzeitlich
als Referenzobjekt für eigene Vorhaben.
Amtsleiter Dezernent